Während unserer verdeckten Recherche haben wir feststellen müssen, dass Kinder im Internet oft leichte Beute für Täter sind. Sie sind heutzutage in vielen sozialen Netzwerken aktiv und teilen ihre Inhalte fast ungefiltert auf diesen Plattformen. Dabei können sie schnell unfreiwillig mit neuen, fremden Personen in Kontakt treten. Hier ist zu beachten, dass es sehr unterschiedliche Täterprofile gibt. Es gibt diejenigen, die sich nicht genieren, mit ihrer echten Identität Kinder direkt anzuschreiben. Diese Personen schreiben den Kindern dann Komplimente wie z.B. sie seien sehr schön oder fragen schon im nächsten Augenblick, ob der Altersunterschied ein Problem sei. Oft kommt es dann auch schnell zu der Aufforderung, Bilder zu schicken oder zu der Frage, ob das Kind schon mal Geschlechtsverkehr gehabt habe. Und ob Geschlechtsverkehr generell vorstellbar sei. Nicht selten wird dann auch auf ein Treffen hingewirkt.
Ein weiteres Täterprofil gibt sich mit Hilfe eines gefälschten Profils selbst als Kind aus und versucht über das Vertrauen, „gleichaltrige“ Kinder zu sexuellen Handlungen aufzufordern. Bei einer ähnlichen Vorgehensweise geben sich die Täter als prominente Personen oder
Autoritätspersonen, wie z.B. Chatinhaber, Bedienstete, Ärzte, Lehrer oder ähnliches aus. Auch
manchmal als gegenteiliges Geschlecht.
Aus Naivität, Geltungsdrang oder dem Wunsch nach Anerkennung (um nur einige wenige Beispiele
zu nennen) geben die Kinder den Forderungen nach und verschicken im Internet Bilder von sich.
Möglicherweise sogar Nacktbilder. Diese können die Täter dann als Druckmittel nutzen, indem sie
drohen, die Aufnahmen an die Schule oder Eltern weiterzuleiten. Aus Angst vor den Konsequenzen
machen die Kinder weitere Bilder oder Videos für die Täter.
Ich empfehle daher dringend, dass Eltern vor der ersten Nutzung des Internets ein umfangreiches
Aufklärungsgespräch mit ihren Kindern führen.
Die Schwerpunkte sollten hierbei sein:
– den Kindern nahezulegen, idealerweise überhaupt keine Bilder von sich zu versenden
– neue „Freunde“ und neue Chats mit Fremden regelmäßig mit den Eltern zu besprechen
– gemeinsame Codewörter festzulegen, bei denen die Kinder den Chatverlauf umgehend den Eltern zeigen
So können Eltern auch bei möglichen Tätern schnell reagieren und die Polizei einschalten. Nur so
können diese Täter gestoppt werden. Kinder müssen lernen, mit Eltern oder anderen Erwachsenden
darüber zu reden, was im Internet passiert.
Ein Erwachsener, der ein Kind im Chat mit jugendgefährdenden Inhalten konfrontiert, ist von diesem oft weit weg. Beide sitzen an unterschiedlichen PCs und haben keinerlei direkten Kontakt. Dies mag manchen zu der Annahme verleiten, dass ein solches Tun, auch wenn es moralisch verwerflich ist, keine weitreichenden strafrechtlichen Konsequenzen haben kann. Dies ist jedoch ein großer Irrtum. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen nimmt in unserem Rechtssystem in allen Bereichen einen sehr großen Stellenwert ein. Daher sieht der Gesetzgeber auch in Handlungen wie dem Cybersex mit Kindern bereits eine sexuelle Ausbeutung dieser und hat reagiert. Am 01.04.2004 trat ein verschärftes Sexualstrafrecht in Kraft. Hierdurch sollen Kinder im Internet besonders geschützt und härter gegen pädosexuelle Personen durchgegriffen werden. Besondere Relevanz für das Internet haben die folgenden Regelungen: 1. § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB "...wer auf ein Kind durch Schriften ... einwirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder einem Dritten vornehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen lassen soll..." Dieser Straftatbestand ist neu in das StGB eingefügt worden und ist besonders für den Schutz von Kindern im Internet relevant. Zur Erfüllung des Tatbestandes muss es nämlich zu keinem persönlichen Kontakt zwischen Täter und Opfer gekommen sein. Es genügt, wenn der Täter durch Schriften (hierzu gehören gem. § 11 Abs. 3 StGB auch Datenspeicher) wie etwa eine E-Mail oder Chatverkehr mit dem Ziel eines sexuellen Kontaktes auf ein Kind eingewirkt hat. Der Täter muss also durch seine Handlung nur darauf hinwirken wollen, einen solchen Kontakt zu erzielen. Tatsächlich dazu kommen, muss es nicht. Bereits in diesem Stadium macht sich der Täter also strafbar und wird mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Monaten bestraft. Die Verhängung einer Geldstrafe ist NICHT möglich. 2. § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB "...wer auf ein Kind durch Vorzeigen pornografischer Abbildungen oder Darstellungen, durch Abspielen von Tonträgern pornografischen Inhalts oder durch entsprechendes Reden einwirkt." Auch zur Erfüllung dieses Straftatbestandes muss es zu keinem körperlichen Kontakt zwischen Täter und Opfer gekommen sein. Er kann z.B. schon durch das Versenden pornografischer Bilder an Minderjährige erfüllt sein. Auch hier droht eine Strafe von mindestens 3 Monaten Freiheitsentzug. 3. Ruhen der Verjährung. Unterstützt werden die Vorschriften durch § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, nach dem die Verjährung einer Tat nach § 176 StGB erst bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht. Dies bedeutet, dass die Verjährungszeit von 5 Jahren erst dann zu laufen beginnt, wenn das Opfer volljährig geworden ist. 4. Verbreitung pornografischer Schriften. Nach § 184 StGB macht sich strafbar, wer Personen unter 18 Jahren pornografische Schriften anbietet, überlässt oder zugänglich macht. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei solcher Pornografie nicht um Bilder oder Filme handeln muss. Auch Texte können unter diesen Begriff fallen. Versendet also jemand obszöne Texte per E-Mail oder auch im Chat, so kann er sich hierdurch gem. § 184 StGB strafbar machen, was mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft werden kann. Das Bemühen des Gesetzgebers, hart gegen den Missbrauch von Kindern durchzugreifen, ist also ersichtlich. Es bleibt daher zu hoffen, dass dies dazu führen wird, mögliche Täter auch im Internet abzuschrecken.